Blütenblatt 6: Klein, aber fein – die Walnuss
Ich will mal keine „hohle Nuss“ sein, weil ich den idealen Zeitpunkt zum Ansetzen des Nusselers verpasse. Traditionsgemäß hat das Sammeln der Nüsse in der Zeit der Tag- und Nachtgleiche zu erfolgen und der 21. Juni ist bekanntlich nicht mehr weit.
Der imposante Baum, der uns diese äußerst nahrhaften und gesunden Früchte schenkt, stammt ursprünglich aus dem asiatischen Raum. Die hohe Wertschätzung der Römer drückt sich in der Bezeichnung „Iovis glans“ aus, was so viel wie königliche Jupiternuss bedeutet.
Den Weg in die nördlichen Alpenregionen findet der Walnussbaum erst viel später und wird anfangs eher kritisch und abweisend beäugt. Die schattenspendende Baumkrone mit ihrer dunklen und kühlen Aura, sowie das extrem langsam verrottende Laub scheint unseren Vorfahren kein gutes Omen zu sein, so dass man vor einen langen Aufenthalt oder gar einem Nickerchen unter seinen Ästen warnt. Wer weiß, ob man dabei je wieder aufwacht? Andererseits aber sieht man in dem vor Energie strotzenden Nussbaum und besonders in seinen Früchten auch einen Lebensbaum, dem verschiedene Fruchtbarkeitsrituale anlasten. So sollen zwei ins Feuer geworfene Nüsse Aufschluss darüber geben, ob eine Ehe hält und glücklich wird. Fahren diese dabei nämlich krachend auseinander, ist es ratsam, sich besagten Schritt nochmals gut zu überlegen. Ein Brautpaar, das mit „Kopfnüssen“ beworfen wird, muss sich hingegen um den Nachwuchs keine Sorgen machen.
Botanisch gesehen zählt der Nussbaum zu den einhäusigen Pflanzen, die männliche und weibliche Blüten zugleich beherbergen. Wie bei uns Menschen gibt es auch im Pflanzenreich gute und weniger angenehme Nachbarn. Einer der einheimischen Vertreter der sogenannten Allelopathie (beeinflussung der Umwelt) ist der Nussbaum. Jeder Gartenbesitzer, der ein Exemplar sein eigen nennt, weiß, dass darunter kaum etwas wachsen will. Grund dafür ist der keimhemmende Stoff Juglon in Blättern und in der grünen Fruchtschale. Dieser wird durch den Regen ausgeschwemmt, um dann wie ein natürliches Unkrautbekämpfungsmittel zu wirken.
Die Blätter des einhäusigen Walnussbaumes riechen beim Zerreiben sonderbar aromatisch. Den strengen Duft der Gerbsäure verwendete man früher zum Haltbarmachen von Obst und Gemüse, das man in Erdmieten lagerte. Die antibakterielle Schutzschicht der Blätter hält nicht nur Insekten, sondern auch unliebsame Nager fern.
Arzneilich wird den Walnussblättern eine astringierende, blutreinigende und schweißhemmende Wirkung nachgesagt. So wie Salbei kann der Tee auch zur Behandlung entzündeter Schleimhäute oder zum Abstillen herangezogen werden. Für seine Zubereitung werden 2 Tl mit 1/4l kaltem Wasser angesetzt, zum Kochen gebracht und dann gleich abgesiebt. Hauterkrankungen wie Dermatitis, Milchschorf und nässende Ekzeme sprechen gut auf Bäder und Kompressen mit dem Blätter-Tee an. Getrocknete Blätter in kleinen Mengen verleihen auch jedem Kräutersalz eine würzige Note.
In der Naturkosmetik bedient man sich der grünen Schalen als sanftes Haarfärbemittel. Dazu setzt man eine Tasse zerhackter, grüner Nussschalen in 100ml Wasser und 2 Tl Alkohol an. Den Auszug lässt man 24 Stunden stehen, bevor man ihn nach der Haarwäsche direkt ins Haar einmassiert.
Als absolute Delikatesse mit einem hohen ernährungsphysiologischen Wert gilt das Walnussöl. Wie in der Walnuss selbst, finden wir auch im Öl einen hohen Anteil an Alpha Linolsäure. Dieser Omega-3-Fettsäure steht die so genannte Linolsäure, eine Omega-6-Fettsäure gegenüber. Ihr ideales Verhältnis zueinander führt zu einer optimalen Versorgung und Stärkung der Arterien. Zudem nimmt Walnussöl einen günstigen Einfluss auf den Fettstoffwechsel, auf die Abwehrkräfte und durch den Anteil an Cholin und Lecithin nicht zuletzt auch für die Gehirnfunktionen. Das kann man bereits aus der Signatur der Walnusshälften herauslesen, die sich selbst wie ein kleines Gehirn präsentieren. Das hellgelbe Walnussöl schmeckt nussig und ist ein idealer Begleiter für Salate, für Kuchen oder zu geschmortem Fleisch. Leider ist es nur begrenzt haltbar und muss, einmal angebrochen, im Kühlschrank gelagert und bald aufgebraucht werden.
Bei so viel Gesundem und Wissenswertem möchte ich abschließend wieder an den Ausgangspunkt meiner Ausführungen zurückkehren und Ihnen mein Nusseler-Rezept weitergeben.
Dafür 8 Stück unreife, grüne Walnüsse um den 21. Juni herum ernten.
Diese in dünne Scheiben schneiden (Gummihandschuhe!) und in 1l Treber 1 Monat durchziehen lassen.
Mit 300ml Wasser, 120g braunen und 200 Kristallzucker einen Läuterzucker herstellen.
1Tl fein gemahlenen Kaffee, 1Tl ungesüßter Kakao, 1 Messerspitze Vanillezucker dazugeben, gut durchschütteln und ca. 3 Wochen ziehen lassen.
Dann alles durch ein Tuch abseihen und für mindestens 6 weitere Monate dunkel und kühl ruhen lassen.
Und weil Walnüsse vielfältig einsetzbar sind, hier noch ein Blitz-Brotrezept von Karin Longariva und Renate Mair, das erfahrungsgemäß bei jung und alt auf Wohlwollen stößt.
2 El Honig mit 2 Eiern schaumig rühren. 200g Naturjoghurt und 150g grob gehackte Walnüsse unterziehen.
200g Dinkelvollkorn- und 150g Weißmehl mit 1 Pkg. Backpulver mischen und vorsichtig unter die Schaummasse rühren.
In einer befetteten Kastenform bei 180 Grad ca. 45 Minuten backen.
Das fertige Brot stürzen und mit einem nassen Geschirrtuch bedeckt auskühlen lassen.