Ihre königliche Hoheit, die Königskerze
Vorab eine Frage!
Welche Pflanze verbirgt sich hinter dem Himmelbrand, der Woll- und Fackelblume, der Wetter- oder Donnerkerze?
Die Antwort ist für die meisten sicherlich nicht schwer.
All diese volkstümlichen Namen stehen nämlich für die imposante Königskerze, die vorzugsweise auf trockenem und kargem Untergrund anzutreffen ist.
Aber das tut ihrer auffälligen Schönheit keinen Abbruch, denn schließlich weiß sie sich mit einem simplen Trick vor übermäßiger Verdunstung zu schützen.
Das Braunwurzgewächs hat sich dazu kurzerhand einen silbergrauen Pelzmantel übergeworfen und ist so in der Lage, UV-Strahlen abzumildern und die Wasserausscheidung auf ein Minimum herunterzufahren.
Unsere wissenden Vorfahren holten sich den auffälligen Pflanzengeist ganz nahe ans Haus, um mit seiner Hilfe gegen Feuersbrunst und Krankheit gewappnet zu sein.
Frauen vertrauten auf ein, um den Hals getragenes Amulett, das sie aus einem Stück Wurzel fertigten und mit dem sie sich vor ungewollter Schwangerschaft zu schützen glaubten.
Einmal Königskerze, immer Königskerze!
Das wage ich jedenfalls zu behaupten, wenn ich durch meinen Garten streife.
Dort scheint sie heuer nämlich für mich sogar Spalier zu stehen, indem sie mir in aufrechter „habt-acht-Stellung“ den Weg säumt.
Ich freue mich darüber und die umherschwirrenden Insekten freuen sich mit mir.
An Maria Himmelfahrt darf eine Königskerzenrute im traditionellen Kräuterbuschen nicht fehlen.
Als Symbol für Aufrichtigkeit, Kraft, Schutz und ein langes Leben wird sie in dessen Zentrum platziert.
Auch in den Rezepturen der Hildegard von Bingen haben die Blüten der Königskerze ihren angestammten Platz, der vor allem von „traurigen Herzen“ ernst genommen werden sollte.
Um den Körper zu kräftigen und die Lebensfreude neu zu entfachen empfiehlt Hildegard nämlich, die sonnengelben Blüten gemeinsam mit Fleisch und Fischen oder Kuchen zu essen.
Einen weiteren Tipp hält sie für Frauen bereit, deren Menstruation gestört ist und der Blutfluss angeregt werden muss.
Hierfür getrocknetes Mutterkraut, Rainfarn und Königskerze in ein Kissen einnähen, dieses über heißem Wasserdampf befeuchten und anschließend als Kompresse auf Unterleib und Genitalien auflegen.
Im heutigen phytotherapeutischen Verständnis werden Königskerzenblüten der groß- und kleinblütigen Art vor allem wegen ihrer reizmildernden Wirkung bei Husten geschätzt.
Für die auswurfsfördernde und sekretlösende Wirkung sind sogenannte Schleimstoffe und Saponine verantwortlich.
Wenn also die Atemwege aufgrund von Infekten, Umweltbelastungen oder trockener Luft gereizt sind, kann man sich die Blüten der Königskerze für einen sogenannten Brusttee zunutze machen.
Die Zubereitungsart ist für den Erfolg entscheidend.
So ist bei starker Verschleimung die auswurfsfördernde Komponente vorrangig. Hierfür wird ein Teeaufguss mit heißem Wasser gewählt.
Wer hingegen die Schleimbildung bei trockenem Husten fördern möchte, sollte die Blüten mindestens 2 Stunden im kalten Wasser ausziehen und vor der Einnahme nur leicht erwärmen.
Als zusätzliche Komponenten für einen wirksamen Brusttee eignen sich Spitzwegerich- und Huflattichblätter, Malven- und Stockrosenblüten oder –blätter, Kamille, Andorn, Klatschmohn, Zitronenmelisse, Eibisch, Thymian, Süßholzwurzel, Angelikawurz, Fenchel- oder Anissamen u.a.m.
Wer unter chronischem Rachenkatharr leidet, darf auf das Dreigespann Königskerze, Huflattich und Bibernellwurzel vertrauen.
Eine Blütentinktur mit Kamille, Malve, Eibisch, Rose und Königskerze wirkt keimhemmend und hustenberuhigend zugleich.
Für dessen Ansatz ist ein Obstler (Treber) geeignet.
Die Ziehzeit beträgt einen ganzen Mondzyklus.
Zwischenzeitlich wird der Ansatz regelmäßig geschüttelt, anschließend filtriert und in einer dunklen Flasche aufbewahrt.
Bei Bedarf 3mal täglich 15 Tropfen in einem Glas lauwarmen Wasser auflösen und einnehmen.