In Zeiten wie diesen: Maß halten

Ich esse meine Suppe nicht, nein, meine Suppe ess ich nicht!

Struwwelpeters Geschichte erinnert daran, wie es unartigen Kindern geht, die sich dem Gehorsam Erwachsenen gegenüber verweigern. Demzufolge dauert es nicht lange, bis Kaspar sich zu Tode hungert und dadurch seinen Suppenlöffel für immer abgeben muss.

Gottseidank sind die heutigen Erziehungsmaßnahmen einfühlsamer, was der Problematik der Essstörungen jedoch keinen Abbruch tut.

 

Das "Maß-halten" fällt in diesem Bereich besonders schwer.

Egal ob jung oder alt, der natürliche und gesunde Zugang zum Essen ist häufig gestört.  Fress- oder Magersucht - in hohem Maße sind davon besonders Menschen mit einem erhöhten Leistungsanspruch an sich selbst oder einem gestörten Selbstwertgefühl betroffen.  Auch Traumata und negativen Kindheitserfahrungen können zu Essstörungen führen.

Nicht zu vergessen die stilisierten Schönheits- und Schlankheitsideale, die von unserer Gesellschaft kreiert und von den Medien täglich frei Haus transportiert werden.

Häufig werden privates Glück und beruflicher Erfolg mit Fitness und dem äußerem Erscheinungsbild gleichgesetzt. Ganze Wirtschaftszweige machen sich dieses Verlangen nach dem perfekten Körper zunutze und bringen die Kosmetikbranche, Diätindustrie und Schönheitschirurgie zum boomen.

 

Zugegeben: in einer Zeit der Fülle schadet es nicht, für sein gesundes Körpergewicht Sorge zu tragen und bei Bedarf auch einmal etwas abzuspecken. Geschieht das Heilfasten auf sanfte Weise und in einem passenden Rahmen, so sind die vielen positiven Effekte unumstritten. Freiwilliger Nahrungsentzug hilft dem Körper, sich zu verjüngen und zu regenerieren.

Fasten und Verzichten tut Körper, Geist und Seele gut! Sie bewirken nicht nur eine Reduktion des Körpergewichts, sondern fördern auch eine klare Sichtweise und bringen das seelische Gleichgewicht ins Lot.

Auf körperlicher Ebene wirken sie entzündlichen Prozessen, Blutdruck- Kreislauf- und Stoffwechselproblemen entgegen.

 

Eine besondere Art des Fastens ist das Intervallfasten. Hierfür gibt es mehrere Modelle.

Eine gängige und auch für berufstätige Menschen gut machbare Methode ist der 16stündige Nahrungsverzicht. In den verbleibenden 8 Stunden werden 2 Hauptmahlzeiten ohne weitere zusätzliche Zwischenmahlzeiten eingenommen.

 

Die Fastenzeit, in der wir uns gerade befinden, bietet die beste Voraussetzung für den Leitspruch "Weniger ist mehr!".

 

In Zeiten wie diesen ist es für uns eine ganz besondere Fastenzeit, eine noch nie dagewesene.

Unfreiwilligerweise müssen wir uns plötzlich in Verzicht üben und bekommen die Einschränkungen Tag für Tag aufs Neue zu spüren.

Trotz der vielen Unannehmlichkeiten, die sich aus dieser Situation ergeben, erfahren wir aber plötzlich auch das positive Gefühl der Entschleunigung. Dadurch können wir wieder verstärkt zu uns selber finden und unseren wahren Bedürfnissen nachspüren.

Es ist ein Gefühl, das im Kontext steht zu dem, was die Religion über das Fasten sagt: nämlich sich durch Enthaltsamkeit neu zu besinnen, Buße zu tun und eine Umkehr einzuleiten, um dadurch näher bei Gott zu sein.

 

Hildegard von Bingen war eine überzeugte Verfechterin des heilsamen Fastens.

 

Ihr Credo klingt einleuchtend, wenn sie da behauptet:

Wie es dem Magen schaden würde, wenn er immer voll oder leer wäre,

so würde es auch der Seele schaden, wenn der Leib immer im Vergnügen lebte:"

 

Hildegards Dinkel-Fastenbrühe, bestehend aus Dinkelgrieß, Gemüse, Kräutern und Gewürzen habe ich für das heutige Abendessen leicht abgewandelt.

 

Geschmeckt hat meine Variante prima und mit einer Scheibe selbstgebackenen Brotes dazu beigetragen, den Körper gut zu sättigen, ohne ihn dabei  zu überfüttern.

 

Weil ich die Kreativität der Leser und Leserinnen nicht schmälern möchte, beschränke ich mich auf das Aufzählen der Zutaten, die jeder so einsetzen und ersetzen soll, wie er mag und kann.

 

Linsen, Kartoffeln und Karotten in Wasser weichkochen

kleingehackte Kräuter wie Brennnesseln, Bärlauch, Löwenzahn, Maggikraut, Selleriegrün, Gundelrebe, Giersch... am Ende der Garzeit beifügen und 5 Minuten durchziehen lassen

Kräutersalz, Pfeffer, geriebener Ingwer, Kurkuma, Peperoncino (sparsam), Bertram, Galgant, Muskatnuss ganz zum Schluss dazugeben

 

Ich hoffe, ich habe den "Gluscht" geweckt und zum Nachmachen animiert.

Bleibt mir nur noch, einen guten Appetit zu wünschen!

lg md sm xs