In Zeiten wie diesen: Reinigende Kraft
Bei meiner Spurensuche nach biblischen Pflanzen hätte ich kaum geglaubt, im Alten und Neuen Testament so vielen verschiedenen Bäumen, Sträuchern, Kräutern… zu begegnen.
Weinstock, Olive, Feige, Aloe, Myrte, Johannisbrotbaum, Myrrhe, Weihrauch…sie alle sind eng mit dem Leben und Wirken von Jesus verknüpft und finden sich im Buch der Bücher in Gleichnissen, Handlungen und Geschehnissen wieder.
In Verbindung mit der Kreuzigung unseres Herrn wird eine weitere Pflanze genannt. Die Rede ist vom Ysop, jenem zwergstrauchigen Lippenblütler, der mittlerweile in vielen unserer einheimischen Kräutergärten anzutreffen ist.
„Es stand nun ein Gefäß voll Essig da; sie aber tränkten einen Schwamm mit Essig, legten ihn um einen Ysop und hielten es ihm an den Mund“ ( Joh. 19,29 )
Der bevorzugte Standort des Zwergstrauches liegt im felsigen Gelände. Das daraus gewonnene ätherische Öl wirkt in hohem Maße reinigend und desinfizierend.
Jesus hat sich ebenfalls für den steinigen Weg der Demütigung und Kreuzigung entschieden, um uns von der Erbschuld reinzuwaschen und uns dadurch die Erlösung zu bringen.
Daran muss ich denken, wenn ich an dem verholzten Ysop vorbeigehe, der seit Jahren auf meinem Kräutertisch wächst. Seine vierkantigen Stängel, die schmal-lanzettlichen, leicht behaarten Blätter und seine dunkelblauen Blütenbüschel erfreuen nicht nur mein Herz, sondern auch jenes der Bienen und Schmetterlinge.
Ysop ist ein anspruchsloses Sonnenkind, das mit Wärme gut umzugehen weiß und deshalb in kälteren Gegenden eines Frostschutzes bedarf.
Alte Ysopstöcke lassen sich problemlos teilen, eine Vermehrung über Stecklinge ist ebenfalls möglich.
Als Heilkraut bei Magen- und Bronchialleiden war Ysop bereits bei den antiken Ärzten Dioskurides und Hippokrates im Einsatz.
Als Teekraut wirkt er schweißhemmend, harntreibend, darmpflegend, appetitanregend, schleim- und krampflösend.
In der Küche passen die minzeartigen, herb-bittere Jungtriebe und Blüten vor allem zu Wild, zu Fisch, zu Suppen, zu Bohnengerichte und Eintöpfe, zu Kräuterbutter und Kräuterquark.
Im getrockneten Zustand vermag Ysop das gewisse Etwas ins Kräutersalz zu bringen.
Seinen "Durchbruch" in unsere Gefilde schaffte er im Mittelalter, wo er aufgrund der Landgüterverordnung Karl des Großen in allen Klostergärten angebaut und zu Stärkungsmitteln verarbeitet wurde.
Es nimmt also nicht Wunder, dass auch Hl. Hildegard von Bingen über den Ysop Bescheid wußte.
Sie betrachtete seine blaue Blüte als Frohmacher und Stimmungsaufheller und empfahl, Blüten und Blätter in Fleisch-Fisch-Gemüse- und Dinkelgerichten sowie in Brotteig einzuarbeiten.
Für all jene, denen infolge von Angst und Traurigkeit „die Laus über die Leber läuft", hält die heilkundige Nonne ihre Ysop-Hühnersuppe bereit.
Diese kann 2-3mal wöchentlich von Kranken und Gesunden zur Leberstärkung und zur Aufhellung des Alltags eingenommen werden.
Zum Suppenrezept
Ein frisches Biohuhn wird in 3 l Wasser zum Kochen gebracht. Dazu kommen 3-4EL Ysopkraut-Pulver als einziges Gewürz sowie etwas Salz.
Nach einer Kochzeit von 2 Stunden wird das Huhn von seinen Knochen befreit und gemeinsam mit Dinkelsuppennudeln für weitere 8 Minuten in der Suppe weitergekocht.
Die regelmäßige Einnahme der Ysop - Hühnersuppe soll dazu führen, schlechte Körpersäfte, welche laut Hildegard jedem Leiden zugrunde liegen, sowie Traurigkeit und Melancholie im Herzen zu verbannen.
In Zeiten wie diesen, ein empfehlenswertes Rezept zum Nachkochen!