In Zeiten wie diesen: Vom Arbeitstier zum Bücherwurm
Ich liebe es, ein Buch in die Hand zu nehmen. Dadurch kann ich mich mühelos in eine andere Welt, in einen anderen Raum, in eine andere Zeit, in eine andere Sichtweise, in eine neue Erkenntnis… versetzen und der eigenen Phantasie freien Lauf lassen.
Als Kind und junges Mädchen war es ein Leichtes, mein ganzes Ringsherum auszublenden und mich frei von störenden Gedanken dem Inhalt hinzugeben.
Das ist heute nicht mehr so einfach, denn Pflichten und Termine verhindern ein längeres Verweilen.
In Zeiten wie diesen habe ich wieder mehr Muße zum Lesen, da sich der Alltag plötzlich auf das Wesentliche konzentriert. Mit Erstaunen nehme ich wahr, wie angenehm, entspannend und befreiend es sein kann, ganz bei der „Sache“ zu bleiben.
Mit Neugierde durchstöbere ich derzeit die vielen kleinen Reclam-Taschenbücher, die ich mir zu Beginn meines Berufslebens von dem damals recht kleinen Lehrergehalt gekauft habe. Auch deshalb hatten Bücher einen großen Wert und jedes einzelne von ihnen wurde liebevoll im Wandschrank ausgestellt.
Das hat sich in unserer schnelllebigen Welt spürbar verändert.
Nimmt`s also Wunder, wenn die Wertschätzung für all die Dinge unseres täglichen Lebens zunehmend verloren geht? Wie oft habe ich mich letzthin z.B. über die alten „Staubfänger“ in meinem Bücherschrank beschwert? Auch in dieser Hinsicht hoffe ich, aus einer Zeit wie dieser, etwas zu lernen und vor allem bewusster nach dem Prinzip „Weniger ist mehr“ zu handeln.
Bücher sind wunderbare Geschenke. Eines, das ich vor nicht allzu langer Zeit von meiner lieben Kollegin Rosa aus dem Vinschgau bekommen habe, möchte ich euch heute vorstellen.
Nach Rücksprache mit dem Autor Matthäus Fellinger, einem österreichischen Theologen und Journalisten, darf ich eine seiner „Blumen“ wiedergeben, die er nach eigenen Worten „beim Stöbern auf der Halde des Christentums“ entdeckt hat.
Es ist anscheinend wie bei meinem Bücherschrank, der bei einer aufmerksamen Durchsicht unverhoffterweise Staunenswertes und Erfreuliches zutage fördert.
In diesem Sinne lade ich alle ein, sich zurückzulehen und die Rechenarten des Herrn Fellinger zu genießen!
Schreiben und rechnen. Das ist es, was Kinder zuerst einmal in der Schule lernen sollen. Mit dem Zusammenzählen fangen sie an. Plus und minus. Was im Steigen ist und was abnimmt, beschäftigt die Leute: an der Börse, bei den Beliebtheits-Barometern, in der Politik, im Ranking der Stars.
Dann geht es an das „ Malrechnen“. Da entdecken Kinder, wie rasch große Zahlen zustande kommen. Wie wirksam etwas werden kann, wenn viele Leute es tun - werden sie später feststellen. Die gute Tat kann sich multiplizieren, das Böse ebenso. Die Multiplikation, das ist die Macht der Vielen gegen die Herrschaft der Einzelnen. Regime, Diktaturen zerbrechen an der Macht des vervielfachten Protestes.
Und dann kommt das Teilen. Die Division. Wie wenig übrigbleibt, wenn man Schokolade teilen muss, und genauso; wie gering die Last werden kann, wenn sie von vielen getragen wird. Das ist die Stärke. Im Teilen steckt eine Kraft, die die Mathematik weit übersteigt. Es ist die Grundrechenart des Glaubens, die Formel, die alles verändert. Im Teilen ereignet sich das Wunder des Lebens. Eine im bloßen Plus und Minus erfassbare Welt, wäre eine arme Welt.
Im Teilen wächst Hoffnung.