So ein Schlingel
Wird jemand als "Schlingel" beschimpft, so reden wir von einem Lausbuben, der es faustdick hinter den Ohren hat.
Davon ist in diesem Beitrag allerdings nicht die Rede.
Vielmehr betrifft die Bezeichnung eine Pflanze mit überaus interessanten Eigenschaften. Richtig geraten, es ist der Hopfen, dem wir in der herbstlichen Landschaft des öfteren begegnen.
Schon allein deswegen, dass sich der Kletterkünstler mit Vorliebe an Zäunen, Hecken oder Stangen emporrankt und diesen Weg nach oben in einem Rekordtempo zurücklegt, macht ihn ganz besonders. Denn wer sonst würde eine Strecke von rund 8m in 2,5 Monaten schaffen?
Wir alle kennen den Hopfen im Zusammenhang mit dem Bierbrauen. Hierfür wird er im Gegensatz zu unserem Wilden Hopfen in verschiedenen Sorten kultiviert.
Als größtes zusammenhängendes Hopfenanbaugebiet der Welt hat die Hallertau in Zentralbayern die Nase vorn.
Der Familie der Maulbeergewächse zugeordnet, ist der Hopfen wie Brennnessel, Weide, Wacholder, Sanddorn, Kiwi und wenige Pflanzen mehr als getrenntgeschlechtlich zu bezeichnen.
Während sich die männlichen Vertreter des Hopfens mit kleinen, rispenartig angeordneten Blüten schmücken, deren Pollen vom Wind weitertragen werden, entwickeln die weiblichen Exemplare im Zuge ihrer Reifung immer größer werdende zapfenförmige Gebilde.
Diese sogenannten Dolden sind es auch, die der Bierbrauerei zugute kommen.
Doch auch für die Heilkunde ist der Hopfen interessant.
Seine wichtigsten Wirkstoffe sind die Bitterstoffe Humulin und Lupulin.
Diese werden in den Drüsenschuppen der Zapfen produziert und haben schlaffördernde und beruhigende Eigenschaften.
Weitere Inhaltsstoffe sind Flavonoide, Gerbstoffe und ätherische Öle.
Bitterstoffe helfen bei Appetitlosigkeit, bei Erschöpfung und nervösen Magen- bzw. Darmerkrankungen und unterstützen die Funktion der Leber.
Die Gerbstoffe erweisen sich als virenhemmend und antibakteriell bei Blasen- und Nierenleiden.
Zudem beinhalten Hopfenzapfen ein pflanzliches Östrogen, das bei Wechseljahrbeschwerden oder bei Menstruationskrämpfen Verwendung findet.
Ein Hopfenkissen ist hilfreich, wenn es mit dem Einschlafen nicht klappen will. 3 Teile Hopfen mit jeweils einem Teil Rosenblättern, Kamillen- und Lavendelblüten vermischt, entpuppen sich als echte Traummännlein.
Auch der Küche ist der Hopfen kein Unbekannter. Besonders im benachbarten Trentino gelten die frühlingshaften Hopfentriebe als spargelähnliche Delikatesse.
Oder wie wär`s mit einem immunstärkendem Winterlikör nach Hildegard von Bingen?
Dazu 330ml dunkles Bier in einem Topf langsam erhitzen, 140ml Rohrohrzucker, 1 Stück frische Ingwerwurzel, die Schale einer halben Bio-Zitrusfrucht, ¼ Zimtstange, 1 Gewürznelke hinzufügen und 10 Minuten köcheln lassen. Nach dem Abkühlen mit 300ml Cognac vermischen, dann abseihen und für ca. 3 Monate im Keller nachreifen lassen.
Für die reife und strapazierte Haut kann eine Hopfen-Gesichtscreme Unterstützung bieten.
Hierfür die Dolden in Mandelöl 3 Wochen ansetzen und einen Ölauszug machen. Dann abseihen.
Nun 8g Bienenwachs und 1EL Lanolin in 25ml Hopfenöl schmelzen. 25ml Hopfentee auf die gleiche Temperatur bringen und langsam ins Öl gießen. Dabei mit dem elektrischen Rührgerät auf der kleinsten Stufe vermengen und weiterrühren, bis die Creme einzudicken beginnt. 1 Tropfen Lavendelöl untermischen und die Creme in einem 50ml Tiegel abfüllen.
Und sollte jemand gar glauben, bei ihm wären Hopfen und Malz verloren, der kann beim kreativen Gestalten Dampf ablassen und seine Nerven durch das Winden eines Hopfenkranzes beruhigen.
Ob dezent grün oder knallig bunt, sollte jeder für sich selbst entscheiden!